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Der Wiesbadener Osteopath Oliver Berner war mit Kollegen in Kirgistan und hat Bewohner der Bergdörfer kostenlos behandelt.
Der Wiesbadener Osteopath Oliver Berner war mit Kollegen in Kirgistan und hat Bewohner der Bergdörfer kostenlos behandelt.

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​„Die Menschen waren freundlich und dankbar für unsere Hilfe“/ Interview: Wiesbadener Osteopath und VOD-Mitglied Oliver Berner zur Behandlung in Kirgistan

Der Wiesbadener Osteopath Oliver Berner und zehn Kollegen haben 2017 Menschen in Kirgistan kostenlos behandelt und wollen auch 2018 dort tätig werden. In einem Interview berichtet das Mitglied des Verbandes der Osteopathen Deutschland (VOD) e.V. von dieser abenteuerlichen Reise, den Menschen und den Erfahrungen.

VOD: Herr Berner, Sie sind im August 2017 gemeinsam mit zehn Kollegen nach Kirgistan gefahren und haben dort kostenlos Menschen in abgelegenen Bergdörfern osteopathisch behandelt. Wie kommt man auf diese Idee und warum Kirgistan?

Oliver Berner: Ich bin Teil einer Gruppe von internationalen Osteopathen, die eine sechsjährige Ausbildung zur Behandlung von Babys bei Werner Van Camp DO gemacht haben (Swiss Osteopathic Center for Kids Training Program). Im Anschluss haben wir die Studiengruppe „Be still and enjoy” gegründet und begonnen selbst Kurse anzubieten. Unser Lehrer Werner Van Camp unterrichtet auch in Kirgistan und hat uns darum gebeten ihn zu begleiten, um ihn bei der Arbeit zu unterstützen. Wir bieten Kindern unentgeltlich osteopathische Behandlungen in Form eines Klinik-Tages an. Der Bedarf in Kirgistan ist insbesondere auf dem Land ausgesprochen groß, also haben einige von uns diese Gelegenheit voller Freude angenommen. Zudem klang es so sehr nach einem einzigartigen Abenteuer!

VOD: Wie viel Zeit hatten Sie insgesamt, und wie weit mussten sie von wo genau wandern, um zu den Bergdörfern zu gelangen?

Oliver Berner: Wir waren fünf Tage in der Yssyk-Kul-Region, benannt nach einem wunderschönen, riesigen Bergsee. Übernachtet haben wir in einem Hotel direkt am See, dort hat auch der Kurs mit 30 Osteopathen aus Kirgistan, Kasachstan und Russland stattgefunden. Unsere Fahrten in die Umgebung und zu dem Ort in den Bergen, in dem der Klinik-Tag stattgefunden hat, haben stets zwischen vier bis fünf Stunden gedauert, das heißt wir haben hin und zurück bis zu zehn Stunden in einem alten Bus gesessen, ohne Gurte, ohne fühlbare Federung und das auf Straßen die, sagen wir, in verbesserungswürdigen Zustand sind. 

Es war wirklich anstrengend, und nicht selten mussten wir aussteigen und eine Strecke laufen, da der Bus nicht vorwärtskam. Mal steckte er in Schlaglöchern fest, mal musste er Bäche durchqueren, mal drehten die Räder in aufgeweichter Erde durch. Aber das Erleben dieser einmaligen, fast unberührten Natur war es wert!

VOD: Es musste doch sicher erst einmal Vertrauen hergestellt werden… Wie haben Sie die Menschen dort angesprochen? Kennen diese Osteopathie?

Oliver Berner: Die Osteopathie ist dort bekannt, aber noch recht jung. Der Unterschied zwischen den Städten und Dörfern ist groß: In den Städten kann man durchaus gut verdienen, in den Dörfern hingegen gibt es als Bezahlung gerne mal ein Huhn, oder andere Wertgegenstände als Tausch.

 Es geht dort sehr ursprünglich und familiär zu, und dementsprechend hat sich auch unser Klinik-Tag angefühlt. Die Menschen waren ausgesprochen freundlich und so dankbar für unsere Hilfe. Wir hatten einige Übersetzer dabei, was dringend notwendig war, denn Englisch konnten eigentlich nur ein paar der Kinder sprechen, die es seit kurzem in der Schule lernen.

VOD: Hatten Sie Behandlungspritschen dabei? Welche Beschwerden hatten die Kinder und Erwachsenen?

Oliver Berner: Organisiert wurde diese ganze Aktion von Dr. Baktygul Usupbekova, der Vorsitzenden des Verbandes für Osteopathie in Kirgistan und dem eurasischen Institut für Osteopathie. Sie hat die Behandlungsbänke, Zelte, Decken und Essen organisiert und die Information über unser Kommen verbreiten lassen. Schließlich sind wir förmlich überrollt worden, es kamen mehr als doppelt so viele Menschen wie von uns eigentlich eingeplant gewesen waren. Die Beschwerden der Menschen waren sehr unterschiedlich. Ich hatte einen fünfjährigen Jungen mit schwerwiegenden Entwicklungsstörungen. Er war nie in irgendeiner Form behandelt worden; einen erwachsenen Mann mit starken Kopfschmerzen – ihm war vor Jahren ein schwerer Stein auf den Kopf gefallen, und er war ebenfalls nie behandelt worden. Ein Mädchen, dass sich weigerte zu essen. Es stellte sich heraus, dass sie schlicht in tiefer Trauer lebte, weil ihre Eltern aus dem Heimatdorf in die Stadt gezogen waren, um zu arbeiten. Hinzu kamen Fälle wie eine Prostatitis, der Rückenschmerz einer Stammesältesten (93 Jahre!), Schwindel, Schlaf- und Verdauungsprobleme. Viele Probleme aufgrund harter Arbeit auf dem Lande, im Gegenzug dann aber auch klassische Teenagerthematiken wie etwa Konzentrationsprobleme. Eine Mutter hatte sich tatsächlich beschwert, dass die 15-jährige Tochter nicht tut, was man ihr sagt. Hier vermag die Osteopathie nicht vollständig helfen können… Oder was meinen Sie? ;)

VOD: Das stimmt wohl… Wo haben Sie geschlafen, und wo hatten Sie Ihr Gepäck?

Oliver Berner: Nun, das war das Problem. Am Vortag waren wir bereits in den Bergen gewesen, und wir haben weit mehr Zeit als vermutet gebraucht, um überhaupt dorthin zu gelangen. Die erwähnten Zustände der Straßen haben uns förmlich ausgebremst. Wir hatten die Wahl der Rückfahrt ins Hotel – hierbei wären wir gegen 1 Uhr morgens angekommen und hätten um 5 Uhr wieder losfahren müssen, um rechtzeitig zum Ort des Geschehens zu gelangen. Wir haben uns für die zweite Möglichkeit entschieden und verbrachten die Nacht weit oben in den Bergen in einem entlegenen Dorf, in Sommerk

leidung und in Jurtezelten. Von dort sind wir direkt die zwei Stunden gefahren, das Gepäck inklusive warmer Kleidung lag weit entfernt in unserem Hotel. Der ganze Tag war kalt, windig, und es hat fast durchgehend geregnet. Was haben wir gezittert! Trotzdem haben wir durchgehalten und einen Großteil des Tages diese Flut an Menschen behandelt.

VOD: Was war das Beeindruckendste, was Sie auf der Reise erlebt haben?

Oliver Berner: Wir haben dieses Abenteuer in einer Gemeinschaft von Osteopathen aus Deutschland, der Schweiz, Norwegen, England, Finnland, Russland, Kasachstan und Kirgisistan geteilt. Ich habe erkannt, dass wir in der Osteopathie alle dieselbe Sprache sprechen. Dr. Still hat versucht uns zu erklären, dass die Osteopathie auf den Gesetzen der Natur aufgebaut ist. Die Menschen in den kirgisischen Bergen haben eine tiefe und selbstverständliche Verbindung zur Natur, in ihrem täglichen Leben ist Dr. Stills Gedanke viel präsenter, als in unserem. Das war sehr inspirierend.

VOD: Planen Sie eine Wiederholung?

Oliver Berner: Unbedingt! Dieses Jahr sind Werner Van Camp, Dr. Baktygul und wir zu den „Welt Nomaden Spielen“ in Kirgistan eingeladen worden. Das heißt, wir werden Anfang September einen Kurs besuchen, erneut einen Klinik-Tag ermöglichen und noch dazu die Teilnehmer der „Welt Nomaden Spiele“ osteopathisch behandeln.

VOD: Was fasziniert Sie so an Kirgistan?

Oliver Berner: Wir haben eine fremde Kultur und unsere dort lebenden Kollegen kennen gelernt und gemerkt, dass wir alle dieselbe Liebe zu unserem Beruf teilen. Gleichzeitig unterstützen wir mit unserem Besuch die Entwicklung der Osteopathie in Kirgistan. Die Dankbarkeit der Menschen hat ihr Übriges getan. Die ganze Reise hat unsere Herzen erfüllt. Es ist ausgesprochen wertvoll, Teil von all dem zu sein. Jeder Osteopath kennt das Zitat von Dr. Still: „Gesundheit zu finden, sollte das Anliegen des Osteopathen sein. Krankheit kann jeder finden.” Dies ist ein wesentlicher Fokus von mi

r, und in Kirgistan ist es uns allen so leichtgefall

en. Es ist ein besonderes Land! Wenn Sie möchten schauen Sie sich unser Video an, dass wir von unserer Reise gemacht haben: www.BioBasicsEU.com

VOD: Bewundernswert! Dann wünschen wir Ihnen viel Erfolg. Berichten Sie uns unbedingt von Ihrem zweiten Aufenthalt!

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Michaela Wehr

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